October 4, 2010

wunden lecken II

 
Ausgerechnet heute bin ich ganz zufällig — oder eben so zufällig wie sowas überhaupt ein Zufall sein kann — auf ein Foto gestossen, auf der Titelseite eines Tagesblatts. Das Foto zeigte eindrucksvoll das mehr als erfreuliche Resultat vom Wunden-Lecken meiner Heldin.

Bild von Rob Hefferan


Mein süssester aller sauren Äpfel
Ich freue mich so sehr für dich und gönne dir das offensichtlich erfolgreiche Erlernen des Umgangs mit dir selbst aus ganzem Herzen. Ich hatte niemals auch nur den geringsten Zweifel daran, dass du die Fähigkeit und das Potential dazu schon immer irgendwo mit dir herumgetragen hast. Und doch hat es mich irgendwie überrollt, dieses Bild von dir, dich in einer zu Recht stolzen Pose zeigend. Es machte mich sprachlos. Und zufrieden.

Einen von unendlich vielen Schritten auf dem Weg zu einem Leben in Fülle. Und niemand hat es so sehr verdient wie du, meine Heldin. Mögen viele Bäume am Rande deines Weges darauf warten, von dir geschüttelt zu werden, um dir ihre süsse Früchte anzubieten.

Mein Herz wird auch immer einige ganz besondere Früchte tragen können, nämlich die Liebe die du mitgegossen hast und, folglich, die Dankbarkeit. Und noch einige mehr.

Auf eine, wenn du magst, gemeinsame Ernte.
Auf viele gemeinsame Ernten, meine Liebste.

Bild von Mahira Ates
 
 

October 3, 2010

wunden lecken I

 
Als ich gerade meine Mutter nach der deutschen Redewendung „Steine in den Weg legen“ fragte, kam ihre ganze Sorge zum Ausdruck. Bekümmert sagt sie
Ist das noch immer in Zusammenhang mit deiner Geschichte?
Wie erklärt man einer besorgten Mutter, dass diese, ihrem Gefühl nach unheilvolle, krankhafte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, mit einem Schicksalsschlag, in Tat und Wahrheit mehr als gesund ist? Vielleicht sogar der einzig mögliche Weg zur Genesung? Wie erkläre ich ihr, dass man mich derart ramponiert hat, dass ich mich praktisch von Grund auf wieder zusammensetzen musste? Dass ich meine Jugend wieder durchleben musste, ja praktisch mein ganzes Leben, um überhaupt eine Chance zu haben, mich irgendwann wieder finden zu können? Wie erkläre ich ihr, dass man mir auf eine so zerstörerische Art zugesetzt hat, dass ich wirklich kaum noch etwas hatte an das ich mich klammern konnte? Dass ich, um meine Gefühle in der Gegenwart verstehen zu können, meine Wunden aus längst vergangener Zeit lecken musste? Dass man mir nicht nur den Boden unter den Füssen wegnahm, sondern diesen Boden zusätzlich noch in Tausend Stücke zerbrach?

Bild: Gloria Bertorelli


Wunden zu lecken unterstützt sehr wohl deren Vernarbung und ganz allgemein die Genesung. Doch ich denke, ich werde es ihr nicht zu erklären versuchen. Sie wird sich dann freuen, wenn die Narben geheilt und es mir wieder besser gehen wird.

Marcy Lanfranco Orlandini: Searching
 
 

September 30, 2010

a transformed world

 
 

The moment you have in your heart
this extraordinary thing called love
and feel the depth, the delight,
the ecstasy of it,
you will discover that for you
the world is transformed.


Jiddu Krishnamurti



Bild: Gerhard Richter

 
 

September 29, 2010

einfach so

 
Musik hörend, zusammen Zeit verbringend, die Einen bei der Arbeit, die Anderen bei der Arbeit an sich selbst...
Come possiamo volare con le acquile
se siamo circondati da tacchini?
Zucchero

Bild: Gregory Colbert

Ich weiss nicht mehr ob es Italo (der Kunst-Psychiatrie-Pfleger) oder Max (der Bundespolizist) gewesen ist, mit dem ich diese Worte kommentierte... Doch: Es muss Max gewesen sein. Ich erinnere mich an den Tonfall. An den bei ihm so oft wichtigeren Teil seiner Worte: die nicht ausgesprochenen.

Ich sagte
Ist er nicht einfach genial, dieser Satz von Zucchero?
Und höchst wahrscheinlich meint er es gar nicht überheblich.
Er meint es...

... einfach so.
beendete Max den Satz mit einem Lächeln.

Damit war alles gesagt.
Oder eben...
Damit war ziemlich alles nicht gesagt.
Und dennoch irgendwie besprochen.

Anja Bührer: Silence Is Golden II