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November 28, 2010

1. Advent in Jerusalem

 
Es gibt diese wunderbare Stelle im Buch "Das Magdalena Evangelium" von Kathleen McGowan, wo Claudia (die Ehefrau von Pontius Pilatus) die Gerichts-Verhandlung gegen Jesus verfolgt.

Pontius Pilatus hatte seinen hohen römischen Richtstuhl in den Hof bringen lassen und darauf Platz genommen. Hinter ihm standen zwei Wachsoldaten. [...] Auf dem Boden vor ihnen kniete, in Fesseln und blutend, Isa der Nazarener. Von ihrem Platz hinter dem Vorhang starrte Claudia ihn an. Auch er blickte auf, als habe er ihren Blick gespürt. Ihre Blicke verschränkten sich ineinander, eine Ewigkeit, wie ihr schien. In diesem Moment spürte Claudia wieder dasselbe Gefühl von Licht und reiner Liebe wie an jenem Abend. [...] Sie hatte weder den Wunsch, den Blick abzuwenden, noch die Wärme dieses Mannes zu verleugnen. Spürten die anderen es denn nicht? Wie konnten sie in diesem engen Hof stehen und unberührt bleiben vom Strahlen dieser Sonne, dieses heiligen Wesens?

Wäre es nicht ein wunderbarer Advent, wenn wir uns bewusst machen würden, dass heute ein Jesus wahrscheinlich für Verrückt erklärt würde? Wäre es nicht wunderbar, wenn wir unsere Gedanken darauf konzentrieren würden, diese unsere Welt so zu gestalten, dass hier ein Jesus leben könnte? Eine Welt, in der er seine Botschaft verbreiten könnte? Wäre es nicht ein Advent im Sinne Jesus, wenn wir uns das Fühlen und das Erleben eines Jesus bewusst machen würden? So wie es damals wunderbar gewesen wäre, wenn nicht so viele Menschen "Barabba" geschrien hätten. Wenn mehr Menschen, so wie Claudia, die Wärme dieser Sonnenstrahlen gefühlt hätten. Wäre es nicht ein wunderbarer Advent, wenn wir versuchen würden, eine solche Wärme wahrnehmen zu können?


Siehe auch den hier verlinkten Post "Barabba".



Mondschein-Sonate  ==  Beethoven


 
 

August 8, 2010

begehren

 
Du sollst nicht begehren!

Für mich eine der abstrusesten Zielsetzungen, die sich ein Mensch setzen kann. Ausser für einen Asketen und Eremiten, ein buddhistischer Mönch oder ein völlig in Geistlichem gedrungenen Wesen. Wenn ein Buddhist sagt Begehren sei abzugewöhnen, ist es das Eine. Wenn wir aber in unserer westlichen Gesellschaft versuchen nicht zu begehren, dann sind wir im Vornhinein zum Scheitern verurteilt. Unsere Gesellschaft basiert auf Begehren. Besonders unsere Wirtschaft basiert auf Begehren. Begehren und Begierde. Und so kommt es, dass Begehren heute toleriert wird, ja sogar als nachahmenswert empfunden wird, solange es im Rahmen gewisser gesellschaftlichen Normen bleibt. Sobald diese überschritten werden und sich Begehren mit dem Gesicht einer anderen Sünde zeigt, sind alle bereit es zu verurteilen.

Carmela Cirinnà: Fluida Essenza




Du sollst lernen zu begehren!

Dies wäre in meinen Augen viel sinnvoller. Denn Begehren will gelernt sein: Es darf weder die eigene noch die Würde anderer schmälern. Und so wie Masturbation früher ein Tabu war und wir lernen mussten es zu thematisieren, so denke ich müssen wir heute mit Begehren lernen umzugehen. Um daraus eine würdige und aufbauende Erfahrung zu machen, anstatt einer Last und einer Sünde.

Bild: Nurhilal Harsa

July 18, 2010

Einlass ins Paradies

 
Kein Gott der über uns wacht und richtet. Kein Paradies und keine Hölle. Keine Beichte am Sonntag die alles wieder in Ordnung bringen könnte. Rein gar nichts?

Ich glaube, der Mensch kann sehr wohl seine Erlösung finden. Hier auf Erden. Ich glaube, jedem kann verzeiht werden, egal was er getan hat. Ich glaube, der Mensch kann seinen Frieden finden, mitten in Gottes Schöpfung.

Anja Bührer: Heaven Is A Place On Earth II


Kein Wesen zuvor war sich seines Werdens bewusst, ja sogar seines Geworden Seins. Und gerade deshalb liegt es in der Verantwortung des Menschens, sich über seinen Platz in Gottes Schöpfung zu hinterfragen. Er muss, um ein erfülltes Leben führen zu können, versuchen nach dem Sinn der eigenen Existenz zu suchen und er muss versuchen diesem Sinn gerecht zu werden.

Selbst wenn Gut und Böse erst mit dem Menschen auf Erden gebracht wurden, kann niemand behaupten es sei im völlig egal, wenn sein Leben von Schmerz und Leiden geprägt ist. Der Versuch, das eigene Leben und das der Andern soweit wie möglich von Leid zu befreien liegt eigentlich in der Ur-Natur eines Jeden. Und ich denke, dies muss auch einen Bezug zum Göttlichen haben.

Denn, wenn Pflanzen und Tiere kein Unterschied zwischen Gut und Böse kennen, so kennen sie Schmerz. Der Mensch aber kann sein Handeln bestimmen, er ist der alleinige Verantwortliche dafür. Wenn zu Zeiten von Jesus Gut und Böse ein Hauptthema waren, wenn es darum ging die Verantwortung des eigenen Handelns zu veranschaulichen, dann ist es kein Wunder dass Botschaften wie jene die Jesus verbreitete über Jahrtausende bestand hatten. So wie er haben viele andere Menschen diese Werte propagiert. Damals, zu seiner Zeit, aber auch in ganz anderen Zeiten und Kulturen. Denn dies haben alle monotheistische Religionen gemeinsam: Sie versuchen den Menschen ein Regelwerk für Verhalten und Moral zu bieten. Und sie propagieren Mitleid und Mitgefühl, also Nächstenliebe.

So wie es vielleicht damals notwendig war, den Menschen wieder vor Augen zu bringen, dass jeder eine Verantwortung mitträgt für das was er tut und anderen antut, so ist es heute vielleicht wieder notwendiger die Menschen daran zu erinnern, dass die Verantwortung nicht nur im Hier und Jetzt existiert. Doch, wenn es kein Paradies und keine Hölle gibt, wie kann die Verantwortung über das Hier und Jetzt hinaus gehen? Wie hat mein Handeln Konsequenzen die über diese materielle Dimension hinausgehen? Ich denke, dies ist eine der grossen vergessenen Fragen unserer Zeit. Heute, wo uns die klassischen Antworten der Religionen nicht über das Bild- und Beispielhafte reichen, fehlen uns Anhaltspunkte um das Göttliche fühlen zu können.

Und ich denke, der Ansatz von Jesus, genauso wie der von Buddha und der Buddhistischen Lehre, geben uns den richtigen Hinweis dazu. Die Linderung des Leidens ist ein Weg der aus unendlich vielen Wegen besteht. Weil Leid für jeden Menschen was anderes bedeutet, ist dessen Linderung auf für jeden was anderes. Und niemand kann bestreiten, sich nicht ein Leben ohne Leid zu wünschen. Obwohl dies nicht ganz erfüllbar bleiben wird, in dieser unseren Existenz, ist vielleicht doch das Streben danach in Gottes Sinne. Leid für sich selbst und für alle Wesen auf der Erde zu vermeiden.

Was machen die Demokratien seit dem Ende des 2. Weltkriegs? Sie versuchen durch Gesetz und Moral, durch Gleichberechtigung und Solidarität, die systemischen Ursachen für Leiden zu vermeiden. Doch vielleicht droht dem Menschen immer wieder das Risiko zu vergessen, weshalb solche Anstrengungen gemacht wurden. Immer wieder riskiert der Mensch, für bestimmte Zwecke gewisse Mittel zu rechtfertigen, was sie aber niemals tun. Denn kein Zweck rechtfertigt das Verbreiten von Leiden. Und wenn man hier die Notwehr als einzige Ausnahme in Betracht zieht, beginnt sofort das so Menschliche feilschen um das Tauschgeschäft.


Wann findet der Mörder wieder zu Gott? Wann nimmt Gott wieder den grössten Sünder in seine Arme, nach dem Christlichen Glauben? Wenn er ehrlich bereut. Wenn er am Boden zerstört ist und seine Nichtigkeit angesichts der Schöpfung erkennt. Sein verzweifeltes Streben nach etwas, das niemals erreicht werden kann. Denn er suchte in der ganz falschen Richtung. Ist dies nicht eine Einsicht? Ist es nicht eine sich öffnende Tür, ein neuer Klang, eine Schwingung die im Innern dieses Menschen zu wirken beginnt? Und die Christliche Kultur nennt dies die Wiederkehr zu Gott.

Bild: Marcy Lanfranco Orlandini


Ist es also nicht möglich, dass diejenigen, welche die Gnade erfahren dürfen, diese Türe offen zu halten, diesen Klang, diese Schwingung am Leben zu erhalten, Göttliches erfahren?

Ich glaube nicht an einen Gott der über mich richtet. Doch ich glaube daran, dass ich mich dem Göttlichen zu- oder abwenden kann. Welche die Folgen sind, vermag ich nicht zu sagen. ich denke jedoch, dass Leid und Schmerz eine grosse Rolle beim sich davon abwenden spielen. Ich glaube an die Botschaft Jesus, so wie ich an das Werk von Mutter Theresa glaube. Oder das Vermächtnis Buddhas. Und die vieler Anderen. Jede dieser Vermächtnisse hatte was mit der Zeit und der Kultur zu tun, in der sie entstanden.

Ich glaube daran, dass wir nach einem Leben in Frieden streben sollten. Und ich glaube daran, dass Gott nichts dagegen haben würde. Ich glaube daran, dass Himmel und Hölle in einem Jeden von uns zu finden sind. Ich glaube daran, dass jeder schlussendlich sein eigener Petrus ist. Der Einlass ins Paradies, ist vielleicht eine der schwierigsten Übungen für uns Menschen. Noch.

Bild: Marcy Lanfranco Orlandini
 
 

July 13, 2010

wissen & glaube

 
Ich weiss nicht...
Nein...
Ich weiss nichts.

Das Gerede über Atheismus, Glauben, Naturwissenschaften, bewiesene Tatsachen... ich weiss nicht. Ich weiss nicht ob ich glaube, im Sinne eines Glaubens wie es vielleicht ein Christlicher Prediger definieren würde. Ich weiss nicht ob ich an Gott nicht glaube, im Sinne eines offensichtlichen Tatbestands wie es vielleicht ein Atheist definieren würde.

Ich weiss nichts. Und genau dies ist mein Glaube!

Ich finde es lustig, wie sich in letzter Zeit Gläubige und Atheisten gegenseitig um die vermeintliche Äusserungsfreiheit ihrer Grundsätze in die Haare gehen. Da werden Unsummen ausgegeben, um die Werbeflächen von Bussen mit Plakate zu tapezieren, die jeweils den Glauben an Gott oder eben Gottes Abwesenheit proklamieren. Sollte es einen Gott geben, der dies mitbekommt... würde er das alles nicht ziemlich bescheuert finden? Oder amüsierend? Oder bedauernswert? Was würde er wohl empfinden? Kann mir das jemand sagen? Nein, das kann keiner.

Lasst mich mal das Universum ansehen. Ich sprach einmal mit jemanden darüber, wie das Universum am expandieren sei und wie es sich irgendwann wieder kontrahieren würde. Inzwischen wurden ja Experimente durchgeführt wonach das Universum immer weiter und immer schneller expandiere. Schön und gut. Natürlich kamen wir auf den Urknall. Schön und gut. Aber wer oder was hat den Urknall verursacht. Woher kam all diese unvorstellbare Energie, die da im Spiel gewesen ist? Und was war vor dem Universum, dort wo jetzt das Universum ist?

Er antwortete mir, dort sei das Nichts gewesen. Das Nichts? "Kannst du dir das Nichts vorstellen?" fragte ich. Ja, überhaupt kein Problem: Da war eben nichts. Schön und gut, aber jetzt ist doch das Universum dort, oder? Das heisst, da wo zuvor das Nichts war, gibt es jetzt das Universum. In anderen Worten: Dieses Nichts ist ein Nichts, das sich mit etwas füllen lässt... Ist das nicht schon eine ganz spezielle Art von Nichts? Wie kann ein Nichts plötzlich ein Universum beinhalten? Diese Frage lässt mir Zweifel aufkommen, dass wir Menschen je mit den Naturwissenschaften werden rausfinden können, wie das Universum entstanden ist.

Nichts gegen die Naturwissenschaften, um dies klar zu stellen. Ich finde es absolut genial, dass wir heute so viel wissen wie wir eben wissen. Dies ist nur dank unglaublicher Arbeit von Naturwissenschaftlern ermöglicht worden. Ich habe nichts gegen die Versuche im Cern denn, je mehr wir unser Universum verstehen können, desto besser. Ich sage nur, dass wir niemals das letzte fehlende Puzzle-Stückchen werden finden und einsetzen können. Was das Universum angeht genau so wenig wie im Bereich der Gehirnforschung, der Entstehung von Gedanken und Bewusstsein.

Doch, heisst dies etwa, es existiert einen Gott?

Letztens habe ich eine Sendung gesehen, mit einem Biologen. Dieser wurde gefragt, ob die Natur Intelligenz besitzt. Er antwortete dezidiert nein, die Natur habe überhaupt keine Intelligenz: Einzig und allein die Evolution sei dafür verantwortlich, durch Selektion, dass die Dinge teilweise so Komplex seien wie sie nun eben sind, einzig der Vorteil der grösseren Überlebenschance habe Pflanzen und Tieren zu ganz bestimmten Verhaltensmuster verholfen, so wie zu ihrer Anatomie und ihrem Instinkt.

Lasst mich mal ansehen, was unsere Flora und Fauna so sind. Angenommen, unser Planet wäre das pure Resultat von Zufall in einem Universum aus Chaos... Es muss zumindest zugegeben werden, dieser Zufall ist doch als "recht glücklicher Fall" zu betrachten, oder etwa nicht? Schauen wir uns doch schon nur einmal an, was es in der Tierwelt alles für Möglichkeiten gibt — auf Land, in der Luft bis tief in die Meere hinunter: Da muss man doch schon sagen, dass wir einigermassen froh sein können, auf welcher Art von Welt wir unterwegs sein dürfen und wie diese Welt zur Zeit des ersten Menschen ausgesehen hat. Nehmen wir schon nur einmal einen ganz kleinen Unterschied zur jetzigen Situation an: Nehmen wir an, der Mensch wäre niemals im Stande gewesen, auch nur ein einziges Lebewesen der Natur zu nutzen, es zu meistern, zu zähmen, zu kultivieren. Nehmen wir an, keine Pflanze liesse sich durch Landwirtschaft anbauen, kein Tier liesse sich in Zäune halten und züchten, es würde nicht für uns Arbeit ausrichten. Dies wäre die selbe Welt in der wir heute leben, durch die selben Zufälle entstanden, doch wie sehr würde sich diese Welt von der Unseren unterscheiden! Wie würde heute diese Welt aussehen, wenn wir niemals je ein einziges Tier als Arbeitshilfe hätten einsetzen können? Weshalb lässt sich das Pferd reiten, im Gegensatz zum Zebra?

Doch, heisst dies etwa, es existiert einen Gott?

Ich muss schmunzeln, wenn ich einen Biologen sagen höre, die Natur habe keine Intelligenz. Immer wieder muss ich daran denken, wie Intelligenz eigentlich von Grund auf neu definiert werden sollte, oder wie viele Definitionen von Intelligenz es schon gibt. Aber dies ist eine andere Geschichte.

Wie kommt ein Raupe dazu, sieben verschiedene Blätter zu wickeln um dann nur ein einziges zu benötigen, für die eigene Verwandlung? Wie kommt diese Raupe dazu, die durchaus abstrakte Theorie der Wahrscheinlichkeiten anzuwenden, wonach die Chance grösser ist das ein möglicher Angreifer durch die Anzahl der fehlgeschlagenen Suchen in den übrigen sechs Blättern es nicht durchziehen wird, alle sieben Blätter zu durchsuchen? Ich meine, wäre es nicht naheliegender zu versuche, das Blatt zu verstecken? Wie kommt ein Insekt oder ein Fisch dazu, die Gestalt seiner Umwelt anzunehmen, um sich zu tarnen? Wie kann ein Insekt die Umwelt in all ihren Details erfassen und auf dem eigenen Körper wiedergeben? Wie kann das ein Fisch, in Windeseile?

Vladimir Kush: Divine Geometry
The National Library in Vienna contains a miniature edition of the Holy Bible where God, the Lord of Sabbath, is depicted as the Architect who draws the boundaries of the future Earth in cosmic space by means of a pair of compasses. This served as the basis for the paintings, “Newton” and “The Hand of the Lord,” by William Blake, an English mystic, poet, and artist. In these pieces, Blake illustrates the creation of our world by the Lord-Geometrician. In this painting the artist shows us the boundaries of the Earth’s night. Two conical bundles are defined by the illumination of the Moon. This is the viewpoint of an observer, high above the Earth in the Cosmos. A romantic mood is created by the artist conveyed by the night voyage of the sailboat around the globe.
[Source: www.vladimirkush.com]


Natürlich kam es zu all solchen Beispiele mit der Evolution... Doch was ist denn die Evolution? Ist nicht schon dies die reine Intelligenz der Natur? Aus welchem reinen Chaos heraus entsteht Leben, dass sich um jeden Preis fortpflanzen will?, Dass teilweise nichts tut, als die eigenen Gene weiterzugeben? In einem lebensfeindlichen Universum, auf einer zuerst lebensfeindlichen Erde, entsteht Leben was unbedingt in dieser lebensfeindlichen Umwelt bestehen möchte? Wieso? Ich weiss es nicht...

Doch, heisst dies etwa, es existiert einen Gott?

Von der Natur aus gibt es weder Gutes noch Böses.
Diesen Unterschied hat die menschliche Meinung gemacht.
Sextus Empiricus, gr. Philosoph, 2. Jhd. n. Chr.

Ich stimme dem völlig zu. Ich glaube also nicht, dass es einen Gott gibt der über uns wacht oder sogar richtet. Ich glaube auch nicht, dass es einen Gott gibt der möchte dass wir dies oder jenes tun. Ich glaube nicht, dass wir Teil eines Plans sind, der uns im Speziellen betrifft oder gar wegen uns erst entstanden ist. Doch ich kann nicht leugnen, dass ich nicht in der Lage bin, den Grund unserer Existenz zu nennen. Sei es rein materiell oder aus einer philosophischen Sichtweise.

Ich glaube zum Beispiel nicht an Reinkarnation. Ich glaube nicht daran, weil ich sie nicht erfahren habe und niemals einen plausiblen Beweis dafür gesehen hätte. Doch genauso, kann ich nicht sagen, Reinkarnation sei nicht möglich, sie existiere nicht. Ich kann nicht leugnen, dass es Menschen gibt die schon im Kindesalter von einem anderen Leben reden, von anderen Orte, von anderen Zeiten. In gewissen Fälle ist es gelungen, diese andere Leben als wirklich stattgefunden zu rekonstruieren. Und beweisen nicht die Tibetische Mönche, dass Reinkarnation mehr als eine Wahrscheinlichkeit sein könnte?

Ich weiss es nicht...
Ich weiss nichts.

Doch ich erinnere mich daran, wie ich mit meinem Grossvater in seinem Garten stand und er eine Blüte in die Hand nahm und sagte
Ist sowas nicht einfach wunderbar? Ist es nicht perfekt? Sieh dir doch an, welche Perfektion in jeder einzelnen Ausdrucksform der Natur steckt. Unser Körper, jedes Tier, diese Blüte: Unwahrscheinlich komplexe Konstrukte, die bis ins mikroskopische perfekt aufeinander eingestimmt sind. Systeme, die komplexe Zusammenspiele und Wechselwirkungen meistern und regulieren, die aber auch alle untereinander verbunden und voneinander abhängig sind. Perfektes Zusammenspiel und Interagieren, im ganz Kleinen genau so wie im ganz Grossen. Ist es nicht wunderbar, dieses Gottes Werk?

Dies weiss ich, ja...
Es ist wunderbar.

Und so glaube ich, dass wir niemals das letzte Rätsel werden lösen können, in dieser wunderbaren Welt in diesem wunderbaren Universum. Ich glaube, es könnte sogar sein, dass falls es einem Wissenschaftlern eines Tages gelingen sollte, das allerletzte Puzzle-Stück zu finden und es richtig zu deuten, wenn er eines Tages in der Lage sein sollte, uns die Entstehung des Universums und des Lebens zu erklären, genau die Millisekunde in der dieser eine Wissenschaftler zu dieser Erkenntnis kommen würde, auch die Millisekunde sein könnte, in der sich das Universum in sich selbst auflöst, in der es zu existieren endet. Denn vielleicht ist es genau dies, was das Leben ausmacht: Es ist. Ganz einfach.


Doch... Mit Sicherheit weiss ich es nicht.
Und daran glaube ich!

Vladimir Kush: Pros And Cons
The figure on the painting resembles the goddess of Justice Femida. But it is more likely that the “eternal” question is to be answered here: what was at the beginning of the World (or Life). The two men are disputing about that. These are the characters, carried over from the “School of Athens” by Raphael. One of the philosophers is pointing to the sky, preferring the heavenly beginning and another – pointing down, considering the earthy beginning.
[Source: www.vladimirkush.com]
 

April 12, 2010

spiritual flesh

 
Scientology, Fiat Lux, die Esoterik... So viele Gruppierungen haben einen riesen Andrang, haben Erfolg. Bestimmte spirituelle Grundbedürfnisse des Menschen werden in unserer Gesellschaft von den traditionellen Institutionen immer schlechter bedient. Und so kommt es, dass diese Bedürfnisse von Nischen- und Randerscheinungen gedeckt werden.

Noch nie war der Mensch in unserer Gesellschaft so alleine, mit sich selbst. Noch nie war sein Kampf um seine Existenz so wenig Lebensbedrohlich, sein Morgen so Wahrscheinlich. Heute ist nicht unser Morgen die Frage. Es sind der Übermorgen und der Tag danach. Aber die, denkt der Mensch, könne er schwer beeinflussen.

Die Katholische Kirche ist in ihrem Fundament erschüttert. Sie basiert auf Ansichten die wir immer weniger Teilen können. Denn immer mehr werden Diskrepanzen, zwischen dem was Christlich ist und dem was die Kirche uns vorlebt, allgemein bekannt und offensichtlich. Nun ist ein Papst an der Reihe, von dem gerade bekannt wurde, dass er Kinderschänder geschützt hat um das Ansehen der Institution zu schützen. Jetzt wo es rauskam, bröckelt die Fassade um so mehr.

Leidtragende sind all die ehrlichen Geistlichen und Gläubigen, die sich mit ihrem Glauben nun alleine gelassen fühlen. Und Leidtragende sind die Opfer, natürlich. Wenn Kardinal Sodano dem Papst ans Herz legt, er solle "dem Geschwätz des Augenblicks keine Beachtung schenken", ist dies Zynismus pur gegenüber Tausende von Menschen, deren Leben im Mark erschüttert wurden.

Auf der anderen Seite sehen sich die Menschen um, und ausserhalb der grossen Kirchen sehen sie Scientology, Fiat Lux, die Esoterik und viele mehr, dessen Umgang mit dem Spirituellen je nach dem Lächerlichkeit, Empörung, oder Schmunzeln verursachen. Die Esoterik hat meiner Meinung nach sehr viel Schaden angerichtet, wo inzwischen seit Jahren jeder der sich auf eigene Faust mit Spiritualität befasst, ziemlich schnell als Esoteriker und Spinner abgestempelt wird.

Natürlich gibt es viele wunderbare Menschen unter all diesen Leuten, dies ist überhaupt nicht in Frage zu stellen. Der Punkt ist, welches Image solche Gruppierungen in der Allgemeinheit haben.


Und nun ist der Mensch, der von Grund auf auch ein spirituelles Wesen ist, alleine mit sich selbst auf der Suche nach Halt in diesem Leben. Auf der Suche nach dem Weg, diese Welt und die eigene Existenz zu Lobpreisen.

Und leider bleibt er dabei oft auch alleine.

Deshalb, denke ich, es ist höchste Zeit wieder über unser Verloren Sein zu reden lernen. Aber auch über ein Sich Wieder Finden, im Einklang mit dem was jeder Einzelne als das Für Ihn Richtige empfindet. Wenn der Dalai Lama in Oerlikon spricht, kommen 10'000, und dies ist sehr schön. Doch kann es nicht sein, dass der Dalai Lama eine derart einzigartige Erscheinung auf dieser Welt bleibt. Es kann nicht sein, dass die Werte die er in die Welt zu tragen versucht — Werte die im Übrigen durchaus Christlich sind — nur von einem einzelnen Mann in den Wind gesprochen werden. Oder dann während unzähligen Gottesdienste, wo sie aber leider so oft auch bleiben werden: innerhalb einer Kirche.

Wir müssen in der "zivilisierten Welt" dringendst lernen, endlich die Reagan-Era hinter uns zu lassen. Es ist an der Zeit, dass nicht nur ein Politiker der auch eine Firma besitzt und erfolgreich führt, als glaubhaften Politiker wahrgenommen wird — ich möchte hier Muhammad Yunus zitieren, der sagte er hätte nie etwas erreicht, wäre er mit dem Wissen eines Bankers an sein Werk gegangen (eine Bank für Arme zu gründen), denn genau dieses Wissen hätte ihm sonst verunmöglicht die richtige Angehensweise zu finden.

Der Mensch braucht beides: Geld um zu leben (also Brot um zu Essen), und Gebete um zu Glauben. Der Mensch ist auch Spirituell. Und diese Spiritualität hat die westliche Gesellschaft so dermassen nötig, wieder zu entdecken!

Wenn wir uns umschauen, werden wir sehen, dass es aber auch so viele Menschen gibt die es uns vormachen. Weshalb versuchen wir nicht, denen einmal unser Gehör zu schenken? Wir würden so viel mehr zurück bekommen...

Bild: Mirko Donadoni