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March 9, 2010

Rat holen im Gespräch

 
Wieder einmal eine eher spannende und aufbauende Sternstunde.
"Hat die Zukunft eine Schweiz?"
Historiker David Gugerli im Gespräch mit Roger de Weck

«Die Schweiz kommt sich zunehmend abhanden», schrieb David Gugerli, Historiker an der ETH Zürich, kürzlich in einem aufsehenerregenden Essay für die NZZ. Die neue helvetische Malaise liege «im drohenden Verlust des politisch liberalen und sozialstaatlich korrigierten Projekts einer bundesstaatlichen Schweiz», sagt Gugerli. Nicht etwa die Schokoladenseite von Helvetia ist in Gefahr, ewig bleibt die Idylle der Kuhglocken und Alphornklänge. Aber die Zeiger der Luxusuhren stehen auf 5 vor 12, dringlich ist ein neues «Vorhaben Schweiz», aus dem auch ein neues Selbstbild hervorgehen wird.

Sternstunde Philosophie vom 07.03.2010


Das Gespräch kann man - so wie viele andere Sendungen - auf dem Videoportal von SF als Podcast ansehen. Hier der Link zur Seite mit dem Video http://videoportal.sf.tv


Was mich berührt hat, war zuerst einmal die unglaubliche "schweizer" Ruhe und Gelassenheit von Herrn Guggerli. Sein pragmatisches Gespräch, über sehr Unpragmatisches. Die strategische Kommission der ETH war das Zweite. Ich stellte es mir als höchst spannend vor, mit Leuten von solchem Karat debattieren zu können. Und dazu noch schonungslos, ehrlich. Denn dies ist, wie der Interviewte viel besser als ich sagte, genau was uns heute fehlt. Eine schonungslose Debatte die aber aus konstruktiven Gründen geführt wird. Mit dem Gedanken, dadurch etwas für diese Welt beitragen zu möchten. Und den Nächsten dazu beitragen lassen.

Und eine Strategie fehlt seit der sexuellen Revolution. Die einzigen, die eine bewahren konnten sind entweder vom militärischen Machtdedanken getrieben oder vom religiösem Übereifer. Und natürlich, die jenigen die Business machen, die haben auch ihre Strategie, ist ja klar. Doch wo bleibt die Strategie der Weltbevölkerung? Wo will die Welt hin? Und... ganz genau: Zum Anfang ist die Frage mehr als legitim: Wo will die Schweiz hin?

Ich habe als Borderline so viel auf den Deckel bekommen. Und einerseits ist dies darauf zurück zu führen, dass ich — zumindest für den Aussenstehenden — keine erkennbare Strategie gehabt habe. Dass ich sehr wohl eine hatte und diese mit der Zeit auch gar nicht so schlecht funktionierte, ist eine andere Geschichte. Und die "Zwischenfälle" möchten denen recht geben, die dies genau umgekehrt zu deuten versuchen. Jedenfalls...

Wie viele Kopfnüsse wird denn wohl ein Staat wie die Schweiz bekommen müssen — die jeden Finanzminister der Welt zur Weissglut bringt, heute? Die beim Apartheid grundlegend mitgewirkt und dieses Kapitel nie aufarbeitet hat? Wie viel wird die Schweiz noch auf den Deckel bekommen, wenn sie sich keine Strategie zurecht legt? Ich behaupte, es werden noch Einiges sein.

Weiter geht es aber immer, irgendwie. Sei es mit Minarett-Initiativen und Pensionskassen-Verarschung der Allgemeinheit. Darum brauchen wir uns keine Gedanken zu machen. Weiter geht es immer. Sogar bei einem Borderliner.

Dennoch, denke ich es wäre langsam wieder an der Zeit, uns gescheide Ratgeber zuzulegen. Wir brauchen dabei bestimmt nicht in die Quatsch-Rituale der 70er zurück. Diese Zeiten sind vorbei. Dennoch wäre es eventuell nicht schlecht, dieser Aussage von Gugerli etwas Aufmehrsahmkeit zu schenken
Der beste Ratgeber ist das Vertrauen ins Gespräch, in die Auseinandersetzung, die offen, hart aber fair geführt wird.

Dazu kommt noch, dass schweigen Gift ist. Siehe den Post im Blog "Are You Hearing Me?". Doch, nicht weniger wichtig: Nicht zu schweigen sollte gelernt sein! Oder zumindest überlegt.
 

January 26, 2010

eine kleine Flamme

Wie viel ist ein Mensch wert?
Wie viel ist ein Menschenleben wert?

Woher nimmt sich ein einziger Mensch das Recht, den Anspruch, über das Leben eines Anderen zu bestimmen? Ganz zu schweigen, über ein ganzes Volk, über die zivile Bevölkerung eines Landes.

Ich habe heute mit Entsetzen gelesen, Israel hat die Einreise in den Gazastreifen des belgischen Entwicklungsminister Charles Michel verweigert. Israel hat das palästinensische Volk als Geisel genommen und ist es am einbetonieren, vor den Augen der ganzen Welt! Aber diese unsere Welt, die westliche, zieht in den Krieg gegen die Ärmsten der Armen. Und sie scannt die Weltbevölkerung nackt.

Ich hatte einige Male gehört, in der Harten Klinik, den Witz den man so machte: Das Irrenhaus, das ist draussen! Und es wird mir immer bewusster, es wird mir immer klarer, wie die abgedrehteste Verstörung, der pathologischste Gedankengang den ich je in meinem kranken Leben hatte, noch viel viel gesunder ist, als was die "grossen" Köpfe, die Mächtigen unserer Länder und unserer Multis Tag für Tag anstellen.


© fakeposters.com

Und man wundert sich dann, dass Jugendliche aufeinander losgehen? Dass sie keine Visionen mehr haben? Dass die, die untergehen, es so radikal und hoffnungslos tun wie noch nie in der Modernen? Dass die Strassenkinder in den Megastädten Lösungsmittel schnuffeln müssen, um ihr Leben überhaupt ertragen zu können. Kinder!!! Kinder sind HEILIG in meinen Augen. Und wir haben ganze Regimente davon mit Gewehren in der Hand. Wir haben ganze Scharen mit der Nase in der Leimdose. Wir haben ganze Städte davon die Elternlos sind.

Und vor unserer Haustür haben wir Kinder die keine Aussichten haben, die nicht einmal eine Ahnung davon haben, was ein Ideal ist, was eine Lebensaufgabe, was eine Leidenschaft, was ein Lebensinhalt, was ein LEBEN IN FÜLLE.

Und wenn sie bei uns in der Psychiatrie landen (im schlechten Teil unserer Psychiatrie), funktioniert diese auf eine Art und Weise, die ihr selbstzerstörerisches Wirken bestens bedient. Sie bekommen Unterricht darin, wie mit ihrem Gebrechen zu Flirten, damit auf perverse Art in Symbiose zu kommen, sich darin zu verlieren und wiederfinden. Aber dies, ist noch eine andere Geschichte. Es sind Tausend andere Geschichten. Die ich gerne hören würde.


Woher nimmt sich also ein Mensch, sei es der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika oder sei es der Oberarzt der Psychotherapie-Station, woher nimmt sich dieser Mensch das Recht heraus, das Leben einer seiner Mitmenschen zu bestimmen, es radikal zu verändern und es, sogar, zu zerstören wenn "es sein muss"? Woher? Diese Frage lässt mich nicht los. Und ich kann nur hoffen, dass sie mein Leben nicht bestimmen wird, ab nun.

Und Doktor Y kann es nur hoffen. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich bin nicht Jesus Christus. Ich bin zwar nun dort, wo mich die Ärzte der Harten Klinik haben wollten. Ich bin dort, wo sie mich vermuteten gerade nach Austritt. Ja, wo sie mich zu wissen dachten, zuerst, und wo sie mich hofften, danach. Doch ich hatte ein riesen Glück auf meiner Seite. Sie hatten ein riesen Pech auf ihrer Seite. "Zu lange" ist die Zeit gewesen, in der es mir blendend ging! "Zu lange" ist die Zeit gewesen, in der ich wieder Liebe fühlen konnte. In der ich wieder Liebe entdeckt hatte. In der ich liebte. In der ich es liebte, geliebt zu werden.

Viel zu lange ist diese Zeit gewesen, um mich völlig zerstören zu lassen, von ihrem Wahn. Ich bin nun am Boden, scheinbar gebrochen, auf allen Vieren. Doch ein Licht wurde wieder in meinem Herzen gezündet, damals. Und dieses Licht, so winzig es nun auch sein mag, ist nicht erloschen. Und — dies ist mein Glaube — wird nie mehr aufhören zu brennen. Zu brennen und das kleine Wenig an Wärme abzugeben das reicht, um nicht zu erfrieren. Mein Herz wird nie mehr erfrieren. Es wird niemals mehr erstarren.

Es wird vielleicht Kälte leiden müssen. Es wird vielleicht Finsternis rund herum ertragen müssen. Doch es wird nie mehr vergessen, wie das Leben denen offen steht, die auf ihr Herz hören und das Herz der Anderen respektieren.


Doch davon wissen gewisse Ärzte in der Harten Klinik rein gar nichts. Sie, und gewisse Präsidenten, gewisse Manager, gewisse Banker. Und leider gewisse Mütter und Väter. Viel zu viele. Dies ist das unglaublich traurige, an der heutigen Zeit. Wir leben in Saus und Braus, doch wir haben das Gespür für die Wärme und das kleine Licht des Herzens fast vollständig verloren. Nur so lässt sich erklären, dass ein Daniel Vasella in seinem Innersten davon überzeugt ist, das Geld das er bekommt auch zu verdienen. Aber dies ist eine andere Geschichte...


Bild von Agostinho Russo

Und so wie ein Daniel Vasella ehrlich daran glaubt, dass er über die kleinen Angestellten verfügen kann, so glaubt ein Oberarzt zusammen mit seinen Kollegen, dass er über das Leben seiner Patienten verfügen kann. Dies ist aber nicht so! Dies ist keineswegs so!

Jedes Unrecht an einem Menschen,
ist ein Unrecht an die ganze Menschheit.

Die Kehrseite dieser Behauptung ist, folglich

Rette einen Menschen,
und du rettest die Welt.

Bild aus der Facebook-Sammlung von Nuray Engins
(Fotograf nicht vermerkt)

Dies ist mein Glaube. Dies ist mein Gebet.