July 12, 2012

Heilige Dreifaltigkeit

 
Schon mal habe ich die von der katholischen Kirche eingeführte "Heilige Dreifaltigkeit" als viel zu abstrakt kritisiert, um zum Beispiel einem jugendlichen einen Zugang zu ermöglichen. In der Zwischenzeit habe ich sogar einen katholischen Geistlichen sagen hören, der Kirche sei im Laufe der Zeit der Heilige Geist so ziemlich gänzlich verloren gegangen.

Über Jesus Christus habe ich eh meine ganz persönliche Meinung. Die Kirche erzählt uns, er sei stellvertretend für uns alle am Kreuz gestorben: Genau diese Stellvertretungs-Funktion zweifle ich sehr stark an.

Jesus spricht zu ihm
Ich bin der Weg,
die Wahrheit
und das Leben.
Niemand kommt zum Vater
denn durch mich.
Johannes 14,6

Das Jesus damit nicht an die Bischöfe, Kardinäle und Päpste gedacht haben wird, die nochmals stellvertretend den Anspruch auf den "einzigen Weg" zum Vater erhoben, ist für mich seit meiner Kindheit offensichtlich.

Was wäre aber, wenn Jesus mit diesen Worten (und ganz besonders mit "mich") nicht seine Person sondern viel mehr seine Taten gemeint haben sollte? Was, wenn er nicht den Anspruch auf Stellvertretung erhoben hätte, sondern nur den des Vorbilds?

Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, dass Jesus uns Menschen — für die er eine unglaublich tief empfundene Liebe verspürte — lediglich den Weg zur Erleuchtung zeigen wollte, den goldenen Pfad, den jeder für sich begehen kann. Ich kann mir nicht einen Jesus vorstellen der die Überzeugung trug, durch sein Erscheinen auf Erden sei jetzt nun alles gut, der Weg zu Gott sei (erst ab nun) für immer begehbar. Nein... Viel mehr stelle ich mir einen Jesus vor, der seinen Mitmenschen mitteilen möchte, wie sie zur Glückseligkeit gelangen können, in dem sie ihr Herz öffnen und der Liebe Raum und Aufmerksamkeit schenken. Erst dann, einzig auf diesem Pfade, ist es Möglich zum Vater zu gelangen. Und deshalb kommt niemand zum Vater, denn durch ihn.

Vielleicht ist Jesus Christus für uns am Kreuz gestorben, doch nicht um uns von all unseren Sünden zu erlösen. Viel mehr ist er für uns am Kreuz gestorben um uns zu zeigen wie es sein könnte: "Seht ihr? Selbst am Kreuz wünsche ich mir nicht den Tod meiner Kreuziger, selbst am Kreuz ist meine Liebe genügend gross um nicht an Rache oder Gewalt zu denken! Folgt meinem Beispiel und ihr werdet Gott kennenlernen..."

Es ist überliefert, wie Jesus am Kreuz noch von Zweifel heimgesucht wurde. Ich aber verstehe diese Stelle in etwa so: Jesus stellte zu diesem Zeitpunkt nicht seinen Vater und den eigenen Glaube in Frage, sondern hinterfragte vielmehr die Tatsache, dass für dieses eine Mal der Weg der Gewaltlosigkeit und der Liebe nicht siegen durfte und von der Gewalt vernichtet wurde. Ich glaube, Jesus fragte sich und fragte den Herrn, weshalb er nicht seinen Mitmenschen den letzten Beweis liefern durfte, dass Liebe immer zum Sieg führen wird. Ich glaube, Jesus war in diesem Moment masslos davon enttäuscht, nicht das positive Beispiel und Vorbild (bis hin zu einem Leben in Fülle) zu sein dürfen, wozu er sich bestimmt fühlte.


Natürlich kann der Glaube an Jesus die Erlösung bringen, doch kaum weil er sie stellvertretend für den Gläubigen erlangte.



Autor unbekannt

Jesus wird wohl kaum, zusammen mit Markt-Forschern, sein Image und seine "Karriere" hin zum Christus vorbereitet haben, oder? Dies ist natürlich meine ganz persönliche Meinung.



Zu Beginn dieses Posts dachte ich aber eigentlich an was ganz anderes: Die Heilige Dreifaltigkeit. Von meinem Grossvater und meinen Eltern habe ich eine andere Art von Dreifaltigkeit kennengelernt, die mir schon in jungen Jahren viel mehr zu übermitteln vermag als der abstrakte Konstrukt der Kirche.

Sie erzählten mir nämlich, es gäbe drei grundsätzliche Wesensarten:
  • materiell
  • intellektuell
  • spirituell

Jeder Mensch sei, in seinem Wesen, eher das eine oder das andere dieser 3. Und dazu kommt, dass natürlich jeder Mensch all diese 3 Wesenszüge in sich birgt, wobei sich jedes anders stark und ausgeprägt entwickelt.

Dies halte ich für eine viel praktikablere Art der Heiligen Dreifaltigkeit, wo jeder Mensch, um im Einklang mit sich selbst und der Schöpfung zu kommen einen Gleichgewicht zwischen den 3 Ebenen zu erreichen versucht. Sollte es ihm gelingen, alle 3 hin zur Vollendung zu entwickeln, dann würde er die Erleuchtung erlangen.


Zugegeben: "Vater, Sohn und Heilige Geist" stehen, wenn es einem erklärt wird, für "Geist, Körper und Seele", was natürlich eine wiederum für "materiell, intelektuell und spirituell" steht. Von Vorteil finde ich sogar, dass bei der Christlichen Dreifaltigkeit die Seele nicht nur im Menschen innewohnt, sondern eine Verbindung zum Kosmos darstellt, was im Modell meiner Eltern fehlte. Dennoch finde ich es schade, dass ich diese Ähnlichkeit, dieses "Geist, Körper und Seele" erst viel später, als erwachsener Mensch mitbekommen hatte, und nicht viel früher. Aber mein Problem ist vielleicht viel mehr, dass ich mich nie richtig mit dem Christilichen Narrativ auseinandersetzen konnte, da er mir schon aus frühester Jugend märchenhaft erschien und mir die Geschichte als historische Wahrheit übermittelt wurde, womit sich mir die gesamte Weisheit und Wahrheit, die in dieser Geschichte eingeflochten ist, über Jahrzehnte entzogen hat. Leider.



Unsere westliche Welt ist sehr stark vom Materiellen und Intellektuellen geprägt, wobei das Spirituelle zur heutigen Zeit so ziemlich verkümmert zu sein scheint. Dafür haben wir, wie es ganz offensichtlich zu beobachten ist, wirklich unglaubliche Errungenschaften auf materieller und intellektueller Ebene vollbracht, dank unserer wissenschaftlichen Weltanschauung. Wahrscheinlich hat der "weisse Mensch" schon seit Jahr Tausenden seine Liebe Mühe mit dem Spirituellen, was sich zum Beispiel recht offenkundig in dem veranschaulichen lässt, was aus Jesus Botschaft gemacht wurde in den 2000 Jahren danach, was im Namen seines Vermächtnisses alles angestellt wurde.

Es gefällt mir zu denken, zu hoffen, dass sich der Mensch vielleicht auf der Schwelle in ein neues Zeitalter befinden könnte, in dem wir die schon gemachten Errungenschaften auf eine Art werden verwalten können, die uns auch das Ausleben unserer Spiritualität im Alltag erlauben wird. Es gefällt mir zu denken, dass in vielleicht 10 oder 20 Generationen, die Menschen auf dieser unseren und Gottes Erde etwas mehr Gleichgewicht gefunden haben werden. Nicht, dass er die Erleuchtung wird erlangt haben, aber vielleicht auch nicht mehr so weit davon entfernt...

Aber wer weiss das schon so genau?